Alexa lacht, Uber kracht, Facebook wacht

Kontroverse über ethische Verantwortung bei Anwendungen Künstlicher Intelligenz

Auf dem Podium (v. li.): Moderatorin Dr. Renate Neumann-Schäfer, Dr. Gjergji Kasneci, Prof. Dr. Jörg Kopecz, Prof. Dr. Joachim Fetzer (c) Giacinto Garlucci

Bad Boll. „Ladybird“ ist der Prototyp eines Staubsaugerroboters mit moralischer Programmierung. Er hat eine Erkennungsfunktion für kleine Lebewesen wie Marienkäfer (Ladybirds) und verschont sie. Je nach Präferenz der Nutzer kann aber auch ein Kill-Button aktiviert werden, so dass er zum Beispiel Spinnen einsaugt.

Exemplarisch wurde hier das Problem der Maschinenethik verdeutlich, das im Mittelpunkt der Tagung „Alexa lacht, Uber kracht, Facebook wacht“ am 9. und 10. November in der Evangelischen Akademie Bad Boll kontrovers diskutiert wurde. Aus theologischer Sicht wurde von Prof. Dr. Joachim Fetzer entschieden die Perspektive vertreten, dass wir als Akteure, als Programmierer, Entscheider und Nutzer unsere Verantwortung für Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) nicht an eine vermeintlich moralische Programmierung der künstlichen Intelligenz von Maschinen und autonome Systeme abtreten können. Nach seiner Auffassung lässt sich Verantwortung nur als Zuschreibung zu Personen als moralischen Subjekten verstehen.
Im Gegensatz dazu wurde von Prof. Dr. Catrin Misselhorn aus philosophischer Perspektive ein Ansatz vertreten, der es erlaubt, auch maschinellen Systemen moralische Entscheidungskompetenz einzuprogrammieren, weil es abgestufte Ebenen der moralischen Steuerung gebe. Deshalb sei nach ihrer Auffassung „Maschinenethik“ unabdingbar: „Durch die Fortschritte der KI und Robotik werden Maschinen in Zukunft mehr und mehr moralische Entscheidungen fällen, die unser Leben betreffen. Deshalb ist eine Maschinenethik erforderlich, die analog zur ,Artificial Intelligence‘ eine ,Artificial Morality‘ entwickelt.“ Dafür stehe das eingangs beschriebene Beispiel des Staubsaugerroboters. Begrenzt werde die Maschinenethik dort, wo es um existenzielle Fragen gehe, so Prof. Misselhorn: „Die Entscheidung über Leben und Tod sollte nicht an Maschinen delegiert werden. Menschliche Verantwortung und Selbstbestimmung müssen im Vordergrund stehen.“

Diese Kontroverse wurde durch Überlegungen von Dr. Eberhard Schnebel vertieft. Wie angesichts der Entwicklungsdynamik ethische Prozesse überhaupt mit den technischen und ökonomischen Entscheidungen synchronisiert werden könnten, stand im Zusammenhang der Grundfrage, inwiefern die Entwicklung und Anwendung Künstlicher Intelligenz die Freiheitsspielräume in unserer Gesellschaft insgesamt und für die Einzelnen erweitern oder bedrohen könnte. Dabei müsse nicht erst das Szenario einer „starken KI“, einer Superintelligenz eröffnet werden, die die menschliche Intelligenz im Ganzen überflügelt und die Macht übernimmt. Auch intelligente Teilsysteme könnten, wie Prof. Dr. Heiko Neumann deutlich machte, aufgrund mangelnder Erklärbarkeit der Entscheidungsprozesse die Möglichkeit einer ethischen Kontrolle zum Problem machen. Dr. Gjergji Kasneci, der für die SCHUFA den Bereich Innovation und strategische Analyse verantwortet und im „Cyber-Valley“ forscht, betonte, dass für den Einsatz im Bereich finanzieller Entscheidungen – beispielsweise zu Kreditwürdigkeit und Kreditvergabe, eine Kontrolle erhalten bleiben müsse: „Der Einsatz von Machine-Learning-Verfahren in industriellen Anwendungen sollte immer durch Experten im Blick auf Korrektheit, Robustheit, Nachvollziehbarkeit, Fairness und mögliche Voreingenommenheit validiert werden. Denn solange die Maschine die Konsequenz von Entscheidungen nicht versteht, ist die Qualitätssicherung durch Experten für den industriellen Einsatz von Machine Learning ein Muss.“

In den Diskussionen wurde immer wieder gefordert, dass die theologische Ethik die Entwicklung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz als Teil der menschlichen Handlungsfreiheit verstehen müsse, die mit dem christlichen Verständnis des Menschen unabdingbar gegeben sei und für die der Erhalt und die Erweiterung des Freiheitsspielraums für alle Menschen den Verantwortungsrahmen bilde.  Prof. Dr. Jörg Kopecz vom Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer folgerte daraus: „Als Unternehmer sind wir aufgefordert, zum einen Geschäftsmöglichkeiten zu nutzen und den daraus resultierenden Wandel zu gestalten und zum anderen unser Umfeld, in dem wir wirtschaften, so zu definieren, dass unsere Werte auch in Zukunft so repräsentiert sind, wie wir es wollen. Wir brauchen daher jetzt eine sehr intensive Diskussion über die Konsequenzen und Aspekte von KI. Dies wollen wir als AEU mit der Tagung in Bad Boll und mit weiteren beginnen. Kirche spielt darin eine wesentliche Rolle. Sie ist aufgefordert, sich aktiv in diesen Prozess einzubringen.“

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