Israel soll Siedlungsbau einstellen

Auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll wurden israelische Verstöße gegen das Völkerrecht kritisiert

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Bad Boll / Kreis Göppingen - Bundeskanzlerin Angela Merkel soll bei ihrem anstehenden USA-Besuch die Nahost-Politik Obamas unterstützen und auf eine Einstellung des israelischen Siedlungsbaus drängen. Dies forderte der SPD-Abgeordnete und Nahostexperte Dr. Rolf Mützenich am Wochenende (19.-21.06.09) auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Bad Boll. Die Veranstaltung widmete sich völkerrechtlichen Fragen im Konflikt zwischen Israel und Palästina.
Nach Ansicht Mützenichs bietet sich jetzt eine einmalige Chance, den Friedensprozess im Nahen Osten voran zu bringen. Diese Chance sollten die USA und Europa nicht verstreichen lassen. Als Grundlage neuer Anstrengungen empfahl Mützenich, sich auf die Friedensinitiative der Arabischen Liga zu beziehen. Die 22 Mitglieder der Liga hatten im Jahre 2002 Israel einen umfassenden Frieden angeboten, wenn sich Israel auf die Grenzen von 1967 zurück zieht. Von Vertretern Jordaniens und Ägyptens wurde dieses Angebot 2007 in Jerusalem erneuert. Die damalige israelischen Regierung hatte die Initiative allerdings zurückgewiesen.
»Ich bin dankbar, dass Washington dieser Initiative höchste Bedeutung beigemessen hat«, erklärte Mützenich in Anspielung auf Obamas jüngste Nahost-Aktivitäten. »Es ist ein wichtiges Signal für dringend notwendige Fortschritte im Nahost-Friedensprozess.«
Über die Auswirkungen der israelischen Siedlungspolitik berichtete Suhail Khalilieh vom Applied Research Institute of Jerusalem (ARIJ) auf der Tagung. Seit 19 Jahren beobachtet und dokumentiert diese palästinensische Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Bethlehem die Siedlungspolitik Israels. Khalilieh wies darauf hin, dass sich Israel im November 2007 bei den Verhandlungen in Annapolis zu einem Siedlungsstopp verpflichtet habe. Dennoch seien inzwischen 51.459 neue Wohneinheiten in den Distrikten Jerusalem und Bethlehem ausgeschrieben worden.
Auch zu der von Israel errichteten Trennmauer zu den Palästinensergebieten nahm Suhail Khalilieh Stellung. Khalilieh erinnerte an das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag aus dem Jahre 2004, wonach die Mauer internationalem Recht widerspricht und abgebaut werden muss. Außerdem habe das Gericht die Forderung erhoben, dass Israel für die durch den Mauerbau entstandenen Schäden aufkommen müsse.
Die bis zu acht Meter hohe Trennmauer soll 770 km lang werden und zum Teil weit in palästinensisches Gebiet hinein reichen, berichtete Khalilieh auf der Akademie-Tagung. Durch die Mauer wurden seinen Angaben zufolge inzwischen 138 palästinensische Dörfer von ihrem landwirtschaftlich genutzten Land getrennt. 29 Dörfer seien vollständig isoliert. Wenn die Mauer nach den israelischen Plänen fertig gestellt wird, kämen 82 Prozent der Wasserressourcen unter israelische Kontrolle. »Dies bedeutet«, sagte Khalilieh auf der Tagung, »dass Palästinenser ihr eigenes Wasser kaufen müssen.«
Auch das Israel-Bild in den Medien war ein Thema auf der Tagung. Die Journalistin Bettina Marx, Parlamentskorrespondentin der Deutschen Welle in Berlin, bemängelte, dass die völkerrechtswidrige Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel in der Berichterstattung kaum eine Rolle spiele. Bettina Marx warf die Frage auf, ob die Verletzung des Völkerrechts durch Israel von den Medien bereits als »Selbstverständlichkeit« bewertet werde oder ob es Israel gelungen sei, das Wort »Besatzung« so gründlich aus dem eigenen Wortschatz zu streichen, dass es selbst ausländische Beobachter für ein Unwort halten.
In Israel werden die besetzten Gebiete laut Bettina Marx seit dem Wahlsieg von Menachem Begin im Jahr 1977 »umstrittene Gebiete« genannt. Diese Sprachregelung hätten die meisten amerikanischen Zeitungen übernommen. Sie selbst plädierte dafür, die Tatsache, dass Israel palästinensische Gebiete besetzt hält, auch in der täglichen Berichterstattung anzuführen. Israel verstoße gegen die Vierte Genfer Konvention. Danach ist es einer Besatzungsmacht nicht erlaubt, die eigene Bevölkerung im besetzten Gebiet anzusiedeln oder den Status Quo des besetzten Gebiets mit Gewalt zu verändern.
Verschiedene Initiativ-Gruppen, die sich gegen die Besetzung und für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel engagieren, haben auf der Tagung eine Plattform für einen »Deutschen Koordinationskreis Palästina Israel« vorgestellt. Ziel dieses Zusammenschlusses soll sein, das gemeinsame Engagement zu stärken und auf eine breitere Basis zu stellen. Zu dem Bündnis gehören: Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW), Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Palästinensische Gemeinde Deutschland, Versöhnungsbund und die katholische Friedensbewegung pax christi.

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