„Fantastische Frauen“

Künstlerinnen und ihr Wirken in Mexiko

„Warum sind bei Kunstaustellungen so wenig oder gar keine Frauen dabei?“ Eine Frage, die mir meine Töchter immer wieder stellten, wenn wir gemeinsam Ausstellungen besuchten. Dies löste eine kritische Reflexion in mir aus. Denn auch in der Kunst verdeutlicht dieses Ungleichgewicht letztlich die Dimension der männlichen Dominanz und die Macht, eine starke feministische Botschaft unsichtbar zu machen.
Was wäre, wenn Picasso, Rivera, Van Gogh oder Rubens Frauen gewesen wären? Wir hätten wahrscheinlich nie etwas über ihre Werke erfahren.

Künstlerinnen in Mexiko  

Im vergangenen Jahr (2020) trug eine Kunstausstellung in Frankfurt den Titel „Fantastische Frauen“. Es wurden Arbeiten von Frauen aus der ganzen Welt ausgestellt, darunter einige Künstlerinnen aus Lateinamerika, u.a. aus Mexiko. Das bekannteste Beispiel ist sicherlich Frida Kahlo. In Europa wie eine Ikone verehrt, hielt sie mit ihren Arbeiten den Kontext der Zeit fest und hat darüber hinaus gesellschaftliche Diskussionen und Veränderungen ins Rollen gebracht. Sie galt als Rebellin, die den Fokus einer patriarchalischen Macht ins Wanken brachte. Zusammen mit anderen Künstlerinnen hat sie gesellschaftliche Rollenzuweisungen der Geschlechter karikiert und mit dem Bruch von Tabus männliche Machtkonstellationen sichtbar gemacht.
Frauen stehen mit ihrer Kunst und deren Aussagekraft den Männern in nichts nach. Sie sind Künstlerinnen der „ersten Reihe“ und stehen in der Wahrnehmung einer patriarchalischen Ordnung doch nur in der „zweiten Reihe“ der gesellschaftlichen Strukturen. Es herrscht eine Asymmetrie der Macht.

Beispielhaft hierfür ist die Darstellung von Frauen während der mexikanischen Revolution zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die deren eigentlichem Wirken nicht gerecht wird. Es waren Frauen wie Adela, Casimira, Guadalupe und Maria Auxilio, die das Überleben der Männer nicht nur mit Essen und Versorgung sicherten, sondern vielmehr auch an der strategischen Front für die Errungenschaften der Revolution kämpften. Statt sie, wie die bekannten männlichen Helden der mexikanischen Revolution, „Caudillo del Norte/del Sur“ (Häuptling des Nordens/des Südens“) zu nennen, wurden sie mit dem Spitznamen „Soldaderas“ bedacht – eine Bezeichnung, die ihrem Einsatz und Einfluss keineswegs gerecht wird und sie für die Geschichte letztlich unsichtbar macht.

Es war eine Zeit von weltweiten politischen Umbrüchen, Wirtschaftskrisen, Hungersnöten, Kriegen und Vertreibungen. Die künstlerische Arbeit war für viele Frauen ein Weg des Protestes, weshalb sie oft zur Migration in ferne Länder gezwungen waren. Viele verfolgte Intellektuelle und Künstlerinnen, überwiegend aus Europa, flohen nach Mexiko, wo ein intensiver Austausch mit mexikanischen Künstlerinnen über die Strukturen der Macht erfolgte. Es entstand ein „Bild der Veränderung“ von starken, präsenten Frauen, ausgedrückt durch die Fotografien von Tina Modotti und Bernice Kolko, durch Bilder und Skulpturen von Alice Rahon, Angelina Beloff, Remedios Varo und Leonora Carrington. Sie alle hatten eine neue Heimat in Mexiko gefunden und trafen dort auf mexikanische Künstlerinnen wie Carmen Mondragón, Lola Álvares Bravo, Helen Escobedo, María Izquierdo, Aurora Reyes, Lilia Carillo, Lola Cueto usw.

Welche gesellschaftlichen Veränderungen entstanden nach den kritischen Dialogen zwischen Künstlerinnen wie Kahlo, Varo, Carrington usw.?

Die Frauen haben für wichtige Forderungen gekämpft und einige davon durchgesetzt, z.B. das Frauenwahlrecht oder den Zugang zu höherer Bildung, worin Frauen mittlerweile eine Mehrheit darstellen. Frauen haben aber auch komplexe gesellschaftliche Rollenzuweisungen wie Mutter, Sexualpartner, Ehefrau und die von der Religion geprägten Bilder der Geschlechter in Frage gestellt und verändert.

Ich habe während meiner Besuche von Ausstellungen von Künstlerinnen, die oft in der Migration lebten, vieles mitgenommen. Es waren einmal mehr die fantastischen Frauen mit ihren Kunstwerken, die andere Ideen, andere Haltungen und andere Optionen möglich machten.

„KoopArte – Kooperation durch Kunst“

Wie einst die Künstlerinnen in vielen Ländern möchten wir mit dem Projekt „KoopArte – Kooperation durch Kunst“ einige Diskussionen anstoßen und Themen enttabuisieren. Die Kunst gibt uns die Möglichkeit Komplexität auszudrücken, an der viele Menschen mit ihrer eigenen Kreativität partizipieren können.

Mauricio Salazar ist Studienleiter für den Themenbereich „Kultur, Bildung, Religion“. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Frieden und Transkulturalität. Gemeinsam mit Natalia Lévanos Casas, Dr. Rajya Karumanchi-Dörsam, und Paulino Miguel koordiniert er das Projekt „KoopArte – Kooperation durch Kunst“. Das Projekt wird im Rahmen von BWirkt – dem Förderprogramm der SEZ aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg für entwicklungspolitische Projekte im Inland gefördert.

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Alexander Bergholz

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