Sozialministerin Altpeter: „Demografischen Wandel nicht als Bedrohung verstehen“

Bis 2030 43 Prozent mehr Pflegebedürftige/ Fachtagung zum demografischen Wandel in der Evangelischen Akademie Bad Boll

Katrin Altpeter in der Evangelischen Akademie Bad Boll. Foto: Waiblinger

Bad Boll – Eine neue Generationenpolitik für Baden-Württemberg hat Landessozialministerin Katrin Altpeter heute bei einer vom Sozialministerium und der Evangelischen Akademie Bad Boll gemeinsam veranstalteten Demografie-Fachtagung angekündigt. „In Zukunft werden wir uns bei politischen Entscheidungen die Frage stellen müssen, wie generationengerecht die politischen Maßnahmen sind“, erklärte die Ministerin vor den rund 160 Teilnehmenden in der Evangelischen Akademie. Wie notwendig das ist, zeigen Zahlen des Statistischen Landesamtes. „Bis 2030 werden wir 43 Prozent mehr Pflegebedürftige haben als heute. Da kommt eine Lawine auf uns zu“, sagte Ivar Cornelius, Abteilungsleiter der Behörde.

"Jede Gesellschaft ist aber bei aller gewünschten Heterogenität und Individualität auf ein gewisses Maß an sozialem und gesellschaftlichem Zusammenhalt angewiesen“, sagte die Ministerin. Wer nicht miteinander rede, entfremde sich. Deshalb müssten feste Strukturen geschaffen werden, die einen Austausch ermöglichten. Die Ministerin betonte, es sei ein wesentliches Ziel ihrer Politik, älteren Menschen in Baden-Württemberg ein aktives Altern zu ermöglichen. Eine angemessene und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung, ein ausreichendes Angebot an Pflege und sozialen Diensten seien dafür von elementarer Bedeutung. „Wir dürfen den demografischen Wandel nicht als Bedrohung verstehen“, so Altpeter. „Er ermöglicht uns vielmehr eine neue Solidarität zwischen den Generationen.“

Zusammenhalt in Familien hat sich verstärkt
Diese Solidarität herrscht vor allem in Familien. Der Demografie-Experte Dr. François Höpflinger betonte, entgegen aller Unkenrufe sei der Zusammenhalt in Familien eher stärker als schwächer geworden. „Studien zeigen uns, dass sich die Generationenbeziehungen in Familien in den vergangenen Jahrzehnten eher verbessert als verschlechtert haben. Es gibt allerdings immer mehr Menschen ohne Familie.“ Die Shell-Jugendstudie sei ein Beispiel: Hier gaben in den 80er Jahren nur rund 50 Prozent der Jugendlichen an, ihre Kinder so zu erziehen, wie sie selbst von ihren Eltern erzogen worden seien. Heute wollen mehr als 75  Prozent der jungen Befragten ihre Sprösslinge nach dem Vorbild der eigenen Eltern erziehen. Zu den Prinzipien einer generationenfreundlichen Gesellschaft gehöre es, niemanden aufgrund seines Alters zu diskriminieren. „Ebenso wenig darf es aber Altersprivilegien geben“, sagte der Schweizer Sozialgerontologe. Eine zentrale Aufgabe generationenfreundlicher Politik sei es zu verhindern, dass sich Armut weiter vererbe. Hierzu bedürfe es Anstrengungen in Bildungs- und Sozialpolitik.

„Der demografische Wandel im Land ist in vollem Gange“
Die demografischen Daten für Baden-Württemberg stellte Ivar Cornelius vom Landesamt für Statistik dar. „Wir blicken auf ein rasantes Bevölkerungswachstum zurück – das stärkste alle deutschen Bundesländer.“ Seit der Gründung des Landes 1952 sei die Zahl der Einwohner von 6,6 auf 10,8 Millionen gestiegen, vor allem wegen der Zuwanderung, die zwei Drittel des Zuwachses ausgemacht habe. Doch heute sei der demografische Wandel in vollem Gange, so Cornelius weiter. „Seit dem Jahr 2000 sinkt die Zahl der Unter-Sechsjährigen, 2030 wird im Vergleich zu heute jede vierte Schulbank leer sein.“ Die Erwerbsbevölkerung werde älter: Seit 2005 überwiegen die 40- bis 60-Jährigen. „Das bedeutet: Technische und wirtschaftliche Innovation muss von einer gealterten Erwerbsbevölkerung erbracht werden. Deshalb nimmt die Bedeutung von Fort- und Weiterbildung auch bei Älteren zu.“

Bei der Fachtagung „Perspektiven des Landes im Dialog der Generationen erörtern die Teilnehmenden, wie Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Einrichtungen aus Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit auf den demographischen Wandel reagieren können.  Nach den Fachvorträgen am Vormittag zeigen ausgezeichnete Modellprojekte und prämierte Konzepte aus baden-württembergischen Kommunen und der Wissenschaft, wie ein Zusammenleben der Generationen funktioniert. In einem abschließenden Workshop legen Expertinnen der Bertelsmann-Stiftung ihren Fahrplan für demografiesensible Kommunalpolitik dar.

Programm der Tagung

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