Zukunft von Bewohnerbeiräten?

Menschen mit Behinderung erarbeiten Mindestprofil für Beteiligung im Wohnen

Am 15. und 16. September 2025 fand an der Evangelischen Akademie Bad Boll die Tagung „Recht neu – Menschen mit Behinderung für andere aktiv. Bewohnerbeirät*innen und ihre Aufgaben im Wohnen.“ statt. Bei der Tagung haben etwa 70 gewählte Vertreter*innen von Bewohnerbeiräten sowie Vertrauenspersonen gemeinsam mit Bernd Schatz vom Diakonischen Werk Württemberg und Dr. Thomas Haas von der Evangelischen Akademie ein Mindestprofil für Beteiligung im Wohnen für diakonische Einrichtungen entwickelt. 

Im Landtag von Baden-Württemberg wird demnächst ein neues Gesetz verabschiedet, das die Beteiligung in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe neu regelt. Diese Tatsache hat die Beteiligten dazu bewogen, dieses Mindestprofil aufzusetzen. Das neue Gesetz wird TPQG (Teilhabe- und Pflegequalitätsgesetz) heißen und das bisherige WTPG (Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz) und die zugehörige Landesheimmitwirkungsverordnung (LHeimMitVO) ablösen. Ziel der Landesregierung ist es, die Mitwirkung von Bewohner*innen in Heimen weiterhin zu stärken und gesetzlich zu sichern. Gleichzeitig soll auch Bürokratie abgebaut werden.

Problematisch ist dabei, dass Beteiligung im Wohnen im neuen Gesetz auf den Satz reduziert wird, „dass die Einrichtungen die Mitwirkung und Mitgestaltung der Bewohnerinnen und Bewohner gewährleisten und fördern sollen und die Bildung von Mitwirkungsgremien unterstützen“. Viele bisherige Pflichten der Einrichtungen werden nicht mehr benannt. Die Formulierung „fördern sollen“ statt „müssen“ lässt Schlupflöcher zu, Beteiligung nur noch als „nice to have“ zu versehen. Zudem sind Aufgaben und Zuständigkeiten nicht mehr geregelt. Zu befürchten ist ein erhöhtes Risiko des Verlusts verbindlicher Teilhaberechte sowie in ambulant betreuten Wohngemeinschaften eine vollständige Deregulierung, verbunden mit dem Wegfall von Qualitäts- und Schutzstandards. 

Bei den Teilnehmenden der Tagung besteht die Hoffnung, dass das von ihnen aufgestellte Mindestprofil künftig als Richtschnur für möglichst viele Einrichtungen dienen kann. 

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sieht Beteiligung und Teilhabe als grundlegendes Menschenrecht an. In diesem Sinne ist von besonderer Bedeutung, dass bei der Tagung nicht über, sondern mit Menschen mit geistiger Behinderung gesprochen wurde. Diese Menschen haben herausgearbeitet, welche Punkte ihnen wichtig sind und welche bisherigen Aufgaben für sie weniger Gewicht haben. Das Ergebnis ist ein schlankes Paket aus vier Punkten in deutlich leichterer Sprache als die alten und neuen Gesetzestexte: Allgemeine Voraussetzungen für Beteiligung im Wohnen, Ziel und Zweck von Wohnbeiräten, Aufgaben von Wohnbeiräten sowie diesbezügliche Aufgaben von Einrichtungen. In einem demokratischen Entwicklungs- und Abstimmungsprozess wurde außerdem eine Bezeichnung für das Gremium als solches (bisher: Bewohnerbeirat) gesucht; die Teilnehmenden sprachen sich abschließend mit einfacher Mehrheit für den Begriff „Wohnbeirat“ aus.

Das – sicher noch nicht druckreife – Ergebnis wurde als Urkunde gestaltet und Wolfgang Bleher überreicht, dem Vorstand der Eingliederungshilfe der Samariterstiftung und Vorsitzenden des Fachverbands Psychiatrie im Diakonischen Werk Württemberg. Mit großem Wohlwollen nahm er die Ergebnisse entgegen und befürwortete die künftige Umsetzung innerhalb der Diakonie. 
 

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