Nachhaltigkeit und Finanzmarkt
Seit den 1990er Jahren wird die Situation an den Finanzmärkten mit den Stichworten "Finanzmarkt-Kapitalismus" und "Finanzialiserung" beschrieben. Damit ist gemeint, dass die Logik der Finanzmärkte weite Bereiche der Unternehmensführung, der privaten Haushalte und der alltäglichen Lebensführung bestimmen. Daran hat sich mit den Regulierungsmaßnahmen nach der Finanzkrise 20072008 nichts geändert. Mehr noch: Die Verschuldung der privaten und öffentlichen Haushalte hat massiv zugenommen. Damit wird eine Politik und Ökonomie, die ihre Dynamik aus der Wachstumslogik generiert, künstlich aufrecht erhalten. Die Orientierung an einer zukunftsfähige, nachhaltigen und an den bevorstehenden Auswirkungen des Klimawandels orientierte Lebensweise gewinnt nur in einem äußerst geringen Maße Rückhalt am Umgang mit den Finanzströmen. Dabei könnten die globalen Finanzmärkte zum Motor einer nachhaltigen Entwicklung werden. Diese Chance wird bisher in einem vollkommen unzureichenden Maße genutzt. Was müsste geschehen?
Schaffung einer Insolvenzordnung für Staaten
Nachhaltigkeit kann an den globalen Finanzmärkten erst dann an Bedeutung gewinnen, wenn ein Abbau der zum Teil monströsen Verschuldung von Staaten und Haushalten beginnt, um wieder Handlungsfreiheit zu gewinnen. Entscheidend ist hier die Lösung der Frage nach einer umfassenden Insolvenzordnung. Wie gelingt es, dass Staaten und Banken insolvent werden, ohne dass dies zu unerträglichen Härten und Verwerfungen führt? Eine Insolvenzordnung für Banken und Staaten ist ohne den frühzeitigen Einbezug der Gläubiger in Rettungsmaßnahmen zur Entschuldung nicht denkbar.
Einführung einer Finanztransaktionssteuer
Die Finanzmarktstabilität ist ein öffentliches Gut, an deren Aufrechterhaltung alle mitwirken sollten, die Dienstleistungen der Finanzmärkte und Angebote der Finanzindustrie nutzen. Wer diese Dienstleistungen oft nutzt, sollte mehr zur Aufrechterhaltung der Finanzmarktstabilität beitragen als derjenige, der selten die Vorzüge der Finanzindustrie nutzt. Dem entspricht die Logik der Finanztransaktionssteuer, die alle Finanzbewegungen mit einem sehr niedrigen Steuersatz belegt. Die Erträge einer solchen Besteuerung könnten der Finanzierung von Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung von Kontingenzen am Finanzmarkt dienen.
Einführung eines Trennbankensystems
Ein am Leitbild Nachhaltigkeit orientierter Finanzmarkt wird die sich vertiefende Verschuldung zu vermeiden haben, die dadurch in Gang gesetzt wird, dass Schulden durch weitere Schulden bedient werden. Dies kann dann aber auch bedeuten, dass Banken wieder kontrolliert bankrott gehen dürfen. Gefahren, die sich daraus ergeben, lassen sich vermeiden, wenn das Kredit- und Einlagengeschäft von den wertpapierbezogenen Investment-Aktivitäten einer Bank strikt getrennt werden.