Mobilitätsprojekt "Gemeinsamweiterkommen"

Mit Partnern vor Ort gemeinsamweiterkommen

Sackgasse Autoverkehr

Die Gemeinde Bad Boll ist Standort für Unternehmen und Einrichtungen, und als Tagungs- und Kurort Ziel zahlreicher Gäste. Das Auto dominiert den Verkehr der Region, auf der Straße wie in den Köpfen.

Von allen Sektoren, die im Zeitalter der Klimakrise vor großen Veränderungen stehen, erweist sich der Verkehr als derjenige der kaum vorankommt. CO2-Emissionen steigen, statt zu sinken, Städte und Dörfer ersticken im Verkehr, das Auto beansprucht kostbare Flächen, Staus schaden der Wirtschaft und rauben uns den letzten Nerv.

Spurrillen in den Köpfen

Dabei gibt es längst Alternativen. Der öffentliche Nahverkehr nach Bad Boll ist viel besser als sein Ruf. Viele kürzere Wege können leicht – und gesundheitsfördernd – mit dem Rad zurückgelegt werden. Aber das Auto steht leicht erreichbar vor der Tür. Wir glauben, es sei kostengünstig und man käme damit immer pünktlich ans Ziel. Staus und Fixkosten verdrängen wir aus unserem Bewusstsein, während jede Verspätung der Bahn akribisch registriert und das Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel unterschätzt wird.

Wenn möglich, bitte wenden!

An technischen und organisatorischen Lösungen für die Verkehrsprobleme mangelt es nicht, aber häufig fehlt es an Akzeptanz für Alternativen zum Auto und an politischem Mut, um diese voranzubringen. Die Verkehrswende braucht eine Wende in den Köpfen.

Positive Beispiele, sichtbare Alternativen, Diskussions- und Denkprozesse verändern soziale Normen, die unser Verhalten stark beeinflussen. Wenn ich viele Radfahrer im Stadtbild wahrnehme, fahre ich auch eher Rad als in einer Stadt, in der der Autoverkehr dominiert. Wenn meine Kolleginnen und Kollegen von positiven Erfahrungen über das Pendeln mit Bahn und Bus berichten, werde ich es vielleicht auch einmal probieren.

Nah- und Fernziele

Unsere Standorte sollen für Mitarbeitende, Gäste, Kunden und Lieferanten gut erreichbar sein. Dabei wollen wir den Fuß- und Radverkehr, die ÖPNV-Nutzung und die Anzahl der Fahrgemeinschaften deutlich erhöhen und damit CO2-Emissionen senken. Vorhandene Infrastruktur soll genutzt und stattfindende Verkehre sollen gebündelt werden.

Die Initiative gemeinsamweiterkommen will in einem offenen Prozess in Bad Boll eine gemeinsame Vorstellung davon entwickeln, wie es besser gehen könnte. Nicht zuletzt erhoffen wir uns aus dem Projekt übertragbare Ergebnisse und Erfahrungen zu den Bedingungen für die Veränderung von Mobilitätsverhalten.

So wollen wir vorankommen

Voraussetzung für eine umweltfreundliche Befriedigung von Mobilitätsbedürfnissen ist eine gute Infrastruktur für Bus und Bahn, für Fahrrad und Fußgänger, für Car- und RideSharing und für die Elektrifizierung des Verkehrs. Die Gemeinde Bad Boll hat im Rahmen des Projekts eine neue Bushaltestelle für Pendler installiert und baut ein Radparkhaus an der Bushaltestelle Evangelische Akademie/Rehaklinik. Für Gäste und Beschäftigte wird derzeit ein Tool programmiert, um individuelle Mobilitätspläne zu erstellen. Tagungsgäste bekommen ab Sommer 2020 mit ihrer Anmeldebestätigung eine Übersicht über alle Optionen für ihre Anreise nach Bad Boll. Darin eingeschlossen sind Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Wohnort und der Evangelischen Akademie, abgestimmt auf die Anfangs- und Endzeiten der Tagung, zu der sie sich angemeldet haben. Mitfahrplattformen für Gäste und Beschäftigte sollen den Autoverkehr reduzieren. Ein Lastenfahrrad übernimmt Transporte im Nahbereich. Betriebliches Mobilitätsmanagement in den Partnerbetrieben unterstützt die Beschäftigten beim Umsteigen.

Um eine neue Mobilitätskultur in der Wahrnehmung aller zu verankern, werden unsere Maßnahmen von einem umfassenden Mobilitätsdiskurs begleitet. Mit Aktionen und Impulsen machen wir lebbare Mobilitätsalternativen sichtbar.

Erst eine neue Mobilitätskultur, in Verbindung mit einem leichten Zugang zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten, ermöglicht eine lokale Mobilitätswende. So leisten wir einen Beitrag zum Klimaschutz, zur Attraktivität unserer Standorte und zur Lebens- und Aufenthaltsqualität im Kurort.  

Wir sind gemeinsam unterwegs

Projektpartner sind neben der Evangelischen Akademie Bad Boll die Gemeinde Bad Boll, die WALA Heilmittel GmbH, die Rehaklinik Bad Boll, das Hotel Seminaris, das Heil- und Erziehungsinstitut Eckwälden, der Gewerbe- und Handelsverein Bad Boll e.V. und die Heinrich-Schickhardt-Schule. Der Prozess wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert durch die FH Bielefeld, Fachbereich Sozialwesen. Wir kooperieren mit dem Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur des Landkreises Göppingen, sind Teil des Netzwerks für betriebliches Mobilitätsmanagement mobil gewinnt und wurden aufgenommen in das IBA’27-Netz der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur fördert die Initiative gemeinsamweiterkommen mit rund 267.000 €.

Weitere Informationen und Eindrücke unter www.gemeinsam-weiterkommen.de

„Ausbildung von interkulturellen Lotsen“ an der Akademie in Bad Boll

Ab dem 1. Juli 2017 wird mit finanzieller Unterstützung des Bundesinnenministeriums ein Projekt in unserer Akademie starten, das die Integration zu uns gezogener Flüchtlinge fördern möchte. Es geht in diesem auf zwei Jahre angelegten Projekt um die Ausbildung von „interkulturellen Lotsen“ in zwei Verbänden Baden-Württembergs – der Johanniter-Unfall-Hilfe und dem Naturschutzbund. In den Ortsgruppen der beiden Landesverbände begegnen den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden in ihrem gesellschaftlichen Engagement vermehrt Flüchtlinge. Die Mitarbeitenden sorgen dafür, dass die Flüchtlinge mit der unter uns gelebten Kultur vertraut werden: Wie verhalte ich mich, wenn ich zu einem erkrankten Menschen komme, welche kulturellen Besonderheiten habe ich zu bedenken? Wie kann ich dazu beitragen, dass Nachhaltigkeit selbstverständlich zu unserer Lebensweise hinzugehört? Wie lassen sich Flüchtlinge am besten in die Ortsgruppenarbeit integrieren? Wie gelingt ein gemeinsames Erlernen von Kultur und Lebensgewohnheiten? Welche Vorstellungen haben wir von der Rolle von Angehörigen, von Frauen und Männern? Auf diesen kulturellen Lernprozess werden die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden in verschiedenen Modulen in unserer Akademie vorbereitet. Sie werden für die entstehenden Fragen sensibilisiert und in der praktischen Arbeit begleitet und gefördert. Mit ihnen werden auch diese Fragen behandelt: Wie prägt kulturelle Identität unser Denken, Fühlen und Handeln? Wie können wir im interkulturellen Miteinander erfolgreich agieren? Informationen zu Kulturunterschieden sind ebenfalls ein Bestandteil der Ausbildung. Die Module werden auf mehrere Tage verteilt und während eines Zeitraums von ca. einem halben Jahr von den Teilnehmenden durchlaufen.