Weniger Adoptionen, andere Bewerber

Ergebnisse der Tagung „Keine Zukunft für die Adoption? Adoptionsvermittlung zwischen Kinderwunsch und Special Needs“ vom 12. bis 14. April 2013

Bild: Gerd Altmann/Shapes: AllSilhouettes.com/ pixelio.de

Bad Boll. Adoptionsvermittlungen gehen in verschiedenen Regionen in Deutschland massiv zurück. Es gibt weniger Bewerbungen um ein Kind, obwohl die Zahl ungewollt Kinderloser wächst. Gleichzeitig fragen mehr gleichgeschlechtliche Paare, alleinstehende Personen oder auch Bewerberpaare mit Migrationshintergrund, beispielsweise mit türkischen Wurzeln bzw. Nationalität oder auch Aussiedler/innen aus der ehemaligen Sowjetunion, nach einem Kind.
Die Fachleute auf der Tagung „Keine Zukunft für die Adoption? Adoptionsvermittlung zwischen Kinderwunsch und Special Needs“ in der Evangelischen Akademie Bad Boll vom 12. bis 14. April 2013 in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter und dem Deutschen Familiengerichtstag führten die zurückgehenden Vermittlungszahlen zum einen auf neue globale medizinische Möglichkeiten zurück. Zwar sei zum Beispiel die Leihmutterschaft in Deutschland nicht erlaubt, doch könnten Interessierte entsprechende „Buchungen“ über das Internet im Ausland vornehmen. Konkrete Zahlen würden den Vermittlungsstellen in den Jugendämtern nicht vorliegen, auch nicht auf dem Gebiet der erlaubten Reproduktionsmedizin. Feststellbar sei an vielen Orten allerdings ein „Denken, alles sei machbar“. Familien würden in vielen Fällen erst für das dritte oder vierte Lebensjahrzehnt geplant. Die Paare würden nicht selten unter Zeitdruck geraten: Für eine Adoption gilt das maximale Altersabstandsgebot von 40 Jahren und soll, so ein Ergebnis der Tagung, auch weiter gelten.
Änderungen im Familienrecht wie die gleichberechtigte Einbeziehung der Väter, auch der sogenannten mutmaßlichen Väter, haben, so weitere Beobachtungen in den Vermittlungsstellen, auch zu einer Verunsicherung in der Vermittlungspraxis geführt. Insgesamt sei das Eignungsüberprüfungsverfahren qualitativ und quantitativ vertieft worden. Es genüge nicht mehr, dass die Adoptionsbewerber/innen patente, unbescholtene und kinderliebe Personen seien. Bewerber/innen würden mittlerweile in Gruppenarbeit oder Seminaren oder anderen Formen der Vorbereitung und der Nachsorge und begleitet. Sie sollten sich der eigenen Motivation zur Adoption bewusst sein, gegebenenfalls den eigenen nicht erfüllbaren Kinderwunsch „genügend betrauert“ haben, in der Lage sein, sich mit leiblichen Eltern positiv auseinander setzen, und sich – insbesondere bei Kindern mit so genannten „Special Needs“ - deren speziellen Anforderungen in der Erziehung vor Augen führen: „Adoption ist eine lebenslange Aufgabe, “ meinte Prof. Dr. René A. C.  Hoksbergen, Experte für Adoptionsfragen aus den Niederlanden. Er bestärkt und begleitet erwachsene Adoptierte darin, ihre Lebensgeschichte zu schreiben.
Die Bewerber/innen haben außerdem in den vergangenen zehn Jahren ihre Haltung gegenüber dem Thema Adoption und auch gegenüber den Fachkräften verändert. Sie würden viele Fragen stellen und damit die Gespräche bereichern. Andererseits wären sie eher bereit,  bei einem offensichtlichen Scheitern einer Adoptionsvermittlung die Rücknahme des Kindes nicht nur in Frage zu stellen und zu betrauern, sondern auch rechtliche und dienstrechtliche Wege beschreiten. Nicht wenige würden von Anfang an gleich eine Auslandsvermittlungsstelle und wenden sich erst danach an das örtliche Jugendamt wenden.

Einig waren sich die Expertinnen und Experten weiterhin in der Ablehnung der sogenannten „Babyklappen“, die das Persönlichkeitsrecht des Kindes, seine Abstammung zu kennen, unterliefen. Dies würde es im späteren Leben für viele Kinder schwer machen, die eigene Identität zu finden. Der Gedanke einer vertraulichen Geburt fand dagegen allgemein Zustimmung. Sobald eine solche gesetzlich geregelt sei, gäbe es keinen Bedarf für Babyklappen mehr und diese sollte klar verboten werden.


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